Politik – 1970er-Revival
Als die Ampel-Matadore am Mittwoch sich und den 177 Seiten starken Koalitionsvertrag präsentierten, beschlich den Beobachter weniger das Gefühl von „Fortschritt und Wagnis“.
So ist aber das in Rekordzeit und ohne große Nebengeräusche verfasste Werk betitelt. Vielmehr wurden Erinnerungen an die alte Zeit, die 1970er-Jahre geweckt, als sich in Deutschland erstmals eine sozial-liberale Koalition mit ihren damaligen Galionsfiguren Willy Brandt und Walter Scheel und später Helmut Schmidt und Hans-Dietrich Genscher an die Spitze einer gesellschaftlich spürbaren Strömung setzte. Diese wollte endlich den zwei Jahrzehnten dominanter Herrschaft der Unions-Parteien und dem kompromisslosen West-Anschluss unter Konrad Adenauer etwas entgegensetzen, den kalten Krieg beenden und die Versöhnung mit dem Osten erreichen. Diesmal ist wiederum eine grundlegende gesellschaftliche Strömung erkennbar, die allerdings diesmal von einer sich formierenden Ampel aufgenommen wird, eine Bewegung zu mehr Nachhaltigkeit. Doch die „Grünen“ erscheinen wie ein störendes Element. SPD und Liberale sind wie alte Bekannte mit offenen Armen aufeinander zugegangen, wie dereinst 1969 unter Brandt und Scheel. Das enge Einvernehmen, diesmal zwischen Olaf Scholz und Christian Lindner, war mit Händen zu greifen. Besonders als Lindner noch unverhofft ein Loblied auf Scholz anstimmte und sich dabei der Worte von Egon Bahr, des damaligen und langjährigen Vertrauten von Schmidt, bediente. Lindner hat aus 2017 gelernt und an Statur gewonnen. Aus ihm kann noch ein großer Liberaler werden, wenn er jetzt nicht überzieht. Die Grünen hätten sich mit Jamaika vermutlich besser gestanden, was aber der Basis so nicht zu vermitteln war.
Kennenlern-Angebot für PLATOW Brief
1 Monat unverbindlich für 7,99 EUR testen
- DAS Briefing für den Finanzplatz Deutschland
- Wissen was die Banken, Vermögens-verwalter und Versicherungen bewegt
- 3x wöchentlich exklusive Nachrichten und Analysen
- inkl. Immobilien Report mit fundierten News & Analysen zu Aktien und Fonds
- monatlich kündbar
ARTIKEL DIESER AUSGABE
VW – Was macht Weil?
Nach der ergebnislosen Präsenzsitzung des AR-Präsidiums am vergangenen Dienstag ist das Schicksal von VW-Chef Herbert Diess wieder völlig ungewiss. Das von Oberaufseher Hans Dieter... mehr
Nord/LB noch nicht über den Berg
Nach -70 Mio. Euro Verlust im Vorjahr kommt die Nord/LB nach neun Monaten im laufenden Jahr auf einen Gewinn von 122 Mio. Euro. Auch im Gesamtjahr winken schwarze Zahlen. mehr
Pictet steuert auf Rekordjahr zu
So zurückhaltend Pictet ist, so wichtig ist es für das inhabergeführte Haus doch, nach dem Abgang von Boris Collardi zum 1.9. ein Zeichen der Stärke nach innen wie nach außen zu senden. mehr
Bundesbank deutet Reaktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers an
Mahnen und Warnen gehört für Bundesbank-Vize Claudia Buch und ihren für die Bankenaufsicht zuständigen Vorstandskollegen Joachim Wuermeling zum Handwerkszeug, wenn sie den alljährlichen... mehr
Konsumklima – Kein Himmel voller Geigen zu Weihnachten
Der heutige „Black Friday“ (26.11.) hat sich auch in Deutschland als ein Feiertag der Shopaholics durchgesetzt. Lt. einer aktuellen BCG-Umfrage will dieses Jahr sogar die Hälfte der... mehr
M&A – Deutsche IT lockt ausländische Investoren
Als Pandemie, die weltumspannend Wirtschaften gebeutelt hat, sorgte Corona dafür, dass Unternehmen mehr ums Überleben kämpften, als sich um anorganische Wachstumschancen Gedanken zu... mehr
Öffentlicher Dienst – Ver.di will keinen Corona-Notabschluss
Die Corona-Inzidenzen schießen in die Höhe, vor dramatischen Zuständen auf den Intensivstationen wird wieder gewarnt und dann steht auch noch die dritte Tarifrunde des Öffentlichen... mehr
Koalitionsvertrag – Vorschusslorbeeren aus der Wirtschaft
Auf 177 Seiten haben SPD, Grüne und FDP ihre Vorstellungen für einen Aufbruch niedergeschrieben. Die Sorge vor halbgaren Kompromissen war angesichts des erstmaligen Dreierbündnisses... mehr
Delikate Nachlese zur Wynaendts-Personalie
Unsere Konfidenten ergänzen unsere Einschätzungen zu Alexander Wynaendts, dem zukünftigen AR-Chef der Deutschen Bank (s. PLATOW v. 24.11.): Die Personalie erinnere an Zeiten, als starke... mehr