Bankensektor

Nagel schlägt neues Modell für EU-Einlagensicherung vor

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel © Bundesbank

_ Zu Jahresbeginn hatte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel mit dem Vorstoß für eine Vollendung der europäischen Bankenunion für Aufsehen gesorgt. Jetzt legte er noch einmal nach bei der Vorstellung des Geschäftsberichts der Bundesbank. Wieder nahm er das Reizwort „europäische Einlagensicherung“ in den Mund.

„Ich bin der Meinung, dass wir da eine smarte Lösung finden können.“ Er stellte „eine Art Hybrid-Modell“ in Aussicht, „wo wir die Einlagensicherung, die wir kennen, aus dem Sparkassen- und dem Genossenschaftssektor in die Bankenunion integrieren können.“ Er freue sich darüber, einen Anstoß zur Debatte über die EU-Einlagensicherung und die Bankenunion gegeben zu haben. „Wir werden sehen, was sich daraus im Laufe dieses Jahres entwickelt.“ Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich jüngst für die Vollendung der Bankenunion ausgesprochen.

Ein Grund für die Überlegungen in Berlin und Frankfurt soll die Sorge sein, dass bei den kommenden US-Wahlen Donald Trump gewinnen könnte, der für einen isolationistischen Kurs der USA eintritt. Viele gehen davon aus, dass Europa dann bei der Integration viel entschlossener vorgehen muss. Vor allem die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken sehen Vereinheitlichungen der Sicherungssysteme der Banken skeptisch.

Positiver ankommen dürften bei ihnen Nagels Äußerungen zu einem anderen Reizthema, dem Mindestreservesatz der Geldhäuser. Aktuell liegt dieser bei 1% der relevanten Einlagen. Im Juli hatte die EZB beschlossen, den Zins hierauf auf 0% zu senken. Einzelne Vertreter wie der österreichische Notenbankchef Robert Holzmann plädierten aber für deutlich höhere Mindestreservesätze. Nagel sagte, er sei momentan damit zufrieden, dass die EZB im vergangenen Jahr die Verzinsung auf die Mindestreserve gesenkt habe. Sprich: Eine höhere Mindestreserve ist erst mal vom Tisch.

Ähnlich wie bei der EZB und anderen Notenbanken beschert die Zinswende auch der Bundesbank einen massiven Verlust. Für das Jahr 2023 lag dieser bei 21,6 Mrd. Euro. Dies hängt damit zusammen, dass die Bundesbank einerseits den Banken direkt deutlich höhere Zinsen für Liquidität zahlen muss, die diese bei ihr halten. Als Gegenposten steigen ihre Einnahmen aus der Verzinsung von Bundesanleihen, die sie über die Kaufprogramme der EZB erworben hat, nur sehr langsam. Nur durch die Auflösung von Rücklagen konnte die Bundesbank für 2023 ein Minus vermeiden.

Ihr verleiben damit aber nur noch sehr geringe Puffer, die Rücklagen belaufen sich nur noch auf knapp 0,7 Mrd. Euro. In den nächsten Jahren wird sie daher absehbar rote Zahlen schreiben. „Wir gehen davon aus, dass die Belastungen für das laufende Jahr erneut erheblich sein werden. Sie dürften die verbliebenen Rücklagen übersteigen“, erklärte Nagel. Die Bundesbank erwarte, über längere Zeit keine Gewinne mehr ausschütten zu können.

In diesem Fall werde die Bundesbank einen Verlustvortrag ausweisen und diesen durch künftige Gewinne wieder abtragen. Eine ähnliche Vorgehensweise hatte es bereits in den 1970er-Jahren gegeben, wo die Bundesbank ebenfalls hohe Verluste schrieb. Damals hing dies mit der starken Aufwertung der D-Mark zusammen, wodurch die Anlagen der Notenbank in US-Staatsanleihen an Wert verloren. Eine schlechte Nachricht sind die absehbaren Verluste vor allem für Bundesfinanzminister Christian Lindner und seine Nachfolger. Denn auf absehbare Zeit wird die Bundesbank keine Gewinne mehr nach Berlin überweisen. jam

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