ABN/HAL – Wie aus dem Teilverkauf eine Komplettübernahme wurde
Hat sich bentlage vergallopiert? _ Auf einer internen Onlineveranstaltung haben HAL-Vormann Michael Bentlage und Hans Hanegraaf, Deutschlandchef von ABN Amro, gestern den HAL-Mitarbeitern die vor gut einer Woche bekanntgegebene Übernahme der deutschen Privatbank durch die Holländer erklärt.
Während sich Hanegraaf, der sich bei der ABN-Tochter Bethmann den Ruf des lustigen Holländers erarbeitet hat, mit konkreten Angaben zurückhielt, warf Bentlage mit Zahlen nur so um sich. Warum sollten Bethmann/HAL nicht auch Commerzbank und Deutsche Bank einholen im Wealth Management (70 Mrd. Euro AuM)? Beide liegen bei den AuM nur rd. 15 Mrd. bzw. 28 Mrd. Euro vorne. Mitarbeiter müssten sich keine Sorgen machen. Aktuell seien 150 Stellen unbesetzt. Wer flexibel ist, kann bleiben.
Ob das auch für Bentlage gilt, ist offen. Hanegraaf oder der für Bethmann zuständige ABN Deutschland-GF Stefan Meine, der das deutsche Corporate Banking erfolgreich wieder aufgebaut hat, kommen selber für die Bethmann/HAL-Spitze infrage.
Bentlage, der zuletzt nach unseren Informationen Wettbewerber wegen möglicher Kooperationen angesprochen hatte, soll gar keine Komplettübernahme von HAL im Sinn gehabt haben. Eine Beschlusslage gab es nach unseren Informationen jedenfalls nur dafür, mit einem Minderheitsanteil in den Markt zu gehen (s. PLATOW v. 2.11.22). Ziel war es, den Fosun-Anteil abzusenken auf ca. 70%, da die ungeliebten Chinesen das Wachstumpotenzial begrenzt und für Kundenverluste gesorgt haben.
Mit einer Minderheitsbeteiligung indes hätte sich ABN Amro nicht zufriedengegeben. Das haben die Niederländer, die seit der Finanzkrise vom Staat dominiert werden, bei ihren deutschen Zukäufen (LGT und CS-Kundenportfolio) immer wieder bewiesen.
Dabei ist der Track Record von ABN Amro bei Zukäufen durchwachsen. Auf die kulturellen Eigenheiten der Übernommenen wird von den Holländern zwar meist Rücksicht genommen. Bei den Zahlen aber sieht es anders aus. Seit 2020 schwankt das Ergebnis von Bethmann bzw. ABN Amro Deutschland zwischen -118 Mio. und max. 40 Mio. Euro v. St (2023: -50 Mio. Euro v. St. inkl. 63 Mio. Euro Sonderabschreibung). Jemanden wie Bentlage, der HAL in den letzten Jahren kräftig vorangebracht (Ergebnis 2023: 113 Mio. Euro v. St.) und die Lampe-Fusion ordentlich abgewickelt hat, könnte ABN sicher gut gebrauchen. Ob er, ein ABN-Manager oder ein Externer künftig Bethmann/HAL führt, entscheidet sich spätestens im Q1 2025 bei Fusions-Vollzug. Gut möglich, das Bentlage, der dieses Jahr 60 wird und auch schon vom Aufhören gesprochen haben soll, der ABN-Deal am Ende aber doch gut in die Lebensplanung passt. mr
ARTIKEL DIESER AUSGABE
EZB senkt Zinsen – Lagarde dämpft Fantasie auf weitere Schritte
Als Christine Lagarde am Donnerstag die Einzelheiten der Zinssenkung der EZB referierte, klang sie an einer Stelle wie ihr Amtsvorgänger Mario Draghi. Die Notenbank hatte beschlossen,... mehr
Recruiting – So aggressiv buhlt die Commerzbank um neue Mitarbeiter
Um für personellen Nachwuchs zu sorgen, müssen Kreditinstitute, ob klein oder groß, inzwischen immer kreativer werden. So nutzten die „Employer Branding“-Spezialisten der Commerzbank... mehr
Basel III-Umsetzung – USA im Weichspülgang
Mit Argusaugen beobachtet der Bankenverband die aktuelle Diskussion in den USA über die Umsetzung der internationalen Basel III-Reform. mehr
HSBC – „Wachstumsfeld“ Trade Finance zuletzt schwächer
Die britische Großbank HSBC bezeichnet sich als einer der größten Anbieter von Lösungen für Trade Finance bzw. Supply Chain Finance. „Handelsfinanzierung ist einer der Wesenskerne... mehr
Teurer Zukauf? – Achterbahnfahrt bei Julius Bär-Aktie
600 Mio. CHF hat Julius Bär bei seinen Krediten an die inzwischen insolvente Signa-Gruppe in den Sand gesetzt. Die Aktie brach von ihrem Hoch im letzten Sommer um ein Drittel ein. mehr
Warum Verdi die Eskalation sucht
Ganz so schnell wie sich die Arbeitgeber einen Abschluss in der diesjährigen Tarifrunde im Bankgewerbe wünschen, wird es wohl nicht gehen. Denn die Gewerkschaft Verdi will sich von ihren... mehr
Drei neue Köpfe für EZB-Bankenaufsicht
Die EZB hat drei neue Mitglieder für das Aufsichtsgremium der Bankenaufsicht bestimmt, darunter Sharon Donnery. mehr